Andreas Schaprian
Dipl.-Ing. (FH)
Im Rahmen eines Sanierungsprojekts des Zollkriminalamts Köln wird eine denkmalgeschützte Halle auf einem ehemaligen Kasernengelände umfassend restauriert. Ziel dieses Projekts ist es, die Standsicherheit der Zollingerdach-Konstruktion wiederherzustellen und gleichzeitig den historischen Wert der 1938 erbauten Halle zu bewahren.
Des Weiteren soll die Halle für zukünftige Nutzungen erneuert werden, sei es als Fahrzeughalle, Lagerfläche oder möglicherweise als Ausstellungshalle. Die Nutzungsmöglichkeiten werden im Laufe des Projekts näher untersucht und entsprechend geplant.
Die Halle 18c ist Bestandteil einer längeren Hallenanordnung (Gesamtlänge ca. 185 m). Der Hallenstrang wurde als Mauerwerksbau mit aussteifenden Stahlbetonstützen und einer Satteldachkonstruktion erstellt. In Teilbereichen wurde die Satteldachkonstruktion über entsprechende Fachwerkträger oder auch als herkömmliche Pfettendach-Konstruktion ausgeführt. Im Bereich von Halle 18c wurde ein Tonnendach in Zollingerbauweise mit aufgesatteltem Satteldach errichtet. Die Wahl eines Tonnendachs ermöglichte eine stützenfreie Ausführung des Hallenbereichs. Die horizontalen Auflagerkräfte an den Traufpunkten, resultierend aus der Bogenwirkung und bedingt durch Eigengewicht und Schneelasten, werden über Traufrandriegel in Zuggurte (Rundstäbe aus Stahl, Durchmesser 30 mm) eingeleitet und somit „kurzgeschlossen“. Andere horizontale Lasten, wie Windkräfte, werden über Kragstützen abgetragen. Die Darstellung basiert auf einer in Tekla Structures eingelesenen Punktwolke, die durch eine 3D-Laservermessung erzeugt wurde.
Durch das aufgesattelte Satteldach werden Einzel- und Linienlasten in die Bogenkonstruktion eingeleitet, wodurch das Bogendach aus rautenförmig angeordneten Brettlamellen erheblich überbeansprucht wird. Zusätzlich sind in Teilbereichen erhebliche Fäulnisschäden an der Holzkonstruktion festzustellen. Insbesondere die Traufrandgurte sind aufgrund von Fäulnis in größeren Bereichen nicht mehr in der Lage, die horizontalen Auflagerkräfte des Tonnendachs in die Zugbänder einzuleiten, wie in mehreren Gutachten festgestellt wurde.
Da über das vorhandene Gebäude keine Planungsunterlagen (Architektenplanung, statische Berechnungen, Werkplanung zum Massivbau und Holzbau) mehr vorliegen, wurden zur Grundlagenermittlung folgende Maßnahmen durchgeführt:
Das vorhandene, teils marode Satteldach wurde abgerissen. Zur Lastabtragung des neuen Satteldaches wurde oberhalb des Zollingerbogens eine Stahlkonstruktion errichtet, auf der das neue Dach aufgebaut wird. Dadurch wird der Zollingerbogen selbst nicht mehr durch das Satteldach belastet. Auf Wunsch des Denkmalschutzamtes durfte die Firsthöhe des neuen Satteldaches die Firsthöhen der benachbarten Hallendächer nicht überschreiten, weshalb der Stahlbau teilweise als „geknickte Stahlträger“ in der Sparrenebene ausgeführt wurde.
Aufgrund der vorhandenen Geometrie verläuft die Stahlkonstruktion in Teilbereichen des Bogendaches mit einem minimalen Abstand von 20-40 mm zum Zollingerbogen. Im Spitzbodenbereich wurden die Hauptlängsträger platziert, die die in der Sparrenebene liegende Stahlkonstruktion abfangen. Die Längsriegel werden auf vier zusätzlichen Stützen gelagert, die gleichzeitig vertikale Aussteifungsverbände in Querrichtung bilden. Über diese Verbände werden horizontale Lasten aus Wind und Stabilisierungskräften abgeleitet.
Die Stützen mussten so positioniert werden, dass sie durch bestehende Rautenbereiche des Zollingerbogens geführt werden konnten. Der Stahlbau wurde so dimensioniert, dass die „geknickten Stahlträger“ sich unter Eigengewicht, Schnee- und Windlasten nicht auf den Zollingerbogen absenken und die Stützen nicht auf die Zollingerlamellen aufdrücken. In Längsrichtung wurden zur horizontalen Stabilisierung Dreifeldrahmen eingesetzt.
Im Bereich der Mittelpfetten- und Firstpfettenlage des Satteldaches wurden Gerüsttürme zur Notabstützung errichtet, um die vertikalen Lasten bis zum Abschluss der Sanierungsarbeiten abzuleiten.
Nach der Sanierung werden über den Zollingerbogen nur noch die Eigengewichtslasten der Zollingerkonstruktion selbst abgeleitet.
Auf der vorhandenen Schalung wurde eine zusätzliche Schalung aufgebracht. Durch diese Maßnahme konnte auf das Anbringen eines Sicherheitsnetzes unterhalb des Bogens während der Baumaßnahme verzichtet werden. Auf der neuen Schalung wurde als Wetterschutz eine diffusionsoffene Unterspannbahn aufgeklebt. Damit wurde die bestehende Holzkonstruktion während der Baumaßnahme zuverlässig geschützt.
Zur Verstärkung von geschädigten Lamellen wurden einseitige, in Teilbereichen beidseitige Aufdopplungen aufgeschraubt.
Die Zollinger-Randgurte befinden sich im Traufbereich vor dem außen sichtbaren Mauerwerksgesims.
Da das Denkmalschutzamt den Erhalt der Gesimse wünschte, wurde ein neuer innenliegender Randgurt eingebaut. Rautenförmige Holzverblockungen wurden in die Zollingerrauten eingesetzt und mit den Lamellen verschraubt, um die Normalkräfte aufzunehmen. Ein zusätzlicher Stahlriegel wurde zur Einleitung der horizontalen Auflagerkräfte angeordnet. Über Blechlaschen an den Stahlriegeln, die an die Verblockungen angeschraubt wurden, werden die Lasten an die Stahlriegel weitergeleitet.
Um die Last in die Zugbänder abzuleiten, wurden neue Spannschlösser auf die Gewinde der Zugbänder aufgeschraubt und über Schweißverbindungen mit den neuen Stahlriegeln verbunden. Die vertikalen Lasten aus dem Zollingerbogen werden über die Stahlriegel auf neu angeordnete Leimholzbalken, die direkt innen vor den vorhandenen Stahlbetonstahlstützen liegen, abgeleitet. Die Leimholzbalken selbst werden durch zusätzliche Stahlstützen, die direkt innen an den vorhandenen Betonstützen stehen, abgestützt.
Als zusätzliche Sicherungsmaßnahme wurde der Zollingerbogen an drei Achsen der neuen Stahlkonstruktion aufgehängt, um die Standsicherheit zu gewährleisten.
Zur Lastabtragung der neuen Verbandsstützen wurden in der Halle zusätzliche Einzelfundamente angelegt. Die Fundamente im Bereich der Außenwände wurden verstärkt, um die Lasten aus der neuen Stahlkonstruktion und dem Zollingerrandgurt abzufangen.
Die Erstellung eines digitalen Zwillings auf Grundlage des 3D-Laserscans in Tekla Structures erwies sich als äußerst effektiv für alle weiteren Planungen und Maßnahmen. Sowohl die schwebende Stahlkonstruktion über dem Zollingerbogen, die im Halleninneren auf vier zusätzlichen Stützenachsen ruht, als auch das neue Satteldach, das sich millimetergenau an die angrenzenden Dächer anpasst – alles konnte präzise und passgenau umgesetzt werden.
Bauherr | Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) |
Auftraggeber | Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW |
Beginn Baumaßnahme | Januar 2023 |
CAD | Tekla Structures |
Am Friedhof 12
57572 Niederfischbach
Tel 02734 / 6 01 32 · Fax 02734 / 6 00 53
manfred(at)otterbach-baustatik.de
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Fotos: ©Ingenieurbüro für Tragwerksplanung, Dipl.-Ing. Manfred Otterbach